Viele Kulturen – eine Sprache: Die Adelbert-von-Chamisso-Preisträger 2015
Lesung mit Sherko Fatah, Olga Grjasnowa und Martin Kordić im Literaturhaus München am 6. März, 20.00 Uhr
26.01.2015
Mit dem Adelbert-von-Chamisso-Preis ehrt die Robert Bosch Stiftung herausragende Beiträge zu deutschsprachigen Literatur von Autorinnen und Autoren, deren Werk von einem Sprach- oder Kulturwechsel geprägt ist.
Der mit 15000 Euro dotierte Adelbert-von-Chamisso-Preis 2015 geht an den 1964 als Sohn eines irakischen Kurden und einer Deutschen in Ost-Berlin geborenen Sherko Fatah. Mit seinem bisherigen Gesamtwerk, vor allem mit seinem jüngsten Roman »Der letzte Ort«, hat Sherko Fatah der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur ein neues und hochaktuelles Themenfeld erschlossen. Seine Bücher bereichern das interkulturelle literarische Schreiben durch ihre schonungslose Darstellung von Krieg und Terror. Im Zentrum von Sherko Fatahs intensiven Sprachkunstwerken stehen dabei stets das differenzierte Innenleben der Unmenschliches erleidenden Opfer und ihre niemals auszulöschende Hoffnung auf eine friedliche und humane Welt.
Die mit jeweils 7000 Euro dotierten Adelbert-von-Chamisso-Förderpreise 2015 erhalten die 1984 in Baku (Aserbeidschan) geborene, heute in Berlin lebende Schriftstellerin Olga Grjasnowa sowie der 1983 in Celle geborene, heute in Köln lebende Schriftsteller Martin Kordić.
In ihren Romanen »Der Russe ist einer, der Birken liebt« und »Die juristische Unschärfe einer Ehe« formuliert Olga Grjasnowa eine unbedingt zeitgemäße Absage an starre Klischees von nationaler, sozialer und sexueller Identität. Ihre Figuren sind ganz selbstverständlich transkulturell agierende Nomaden des 21. Jahrhunderts. Manchmal traurig und verzweifelt, niemals jedoch wehleidig sind sie auf der Suche nach der ihnen angemessenen Form von Glück. Der lakonisch-coole Ton der Romane ist von hinreißender und vollkommen eigenständiger Faszinationskraft.
Mal aus der Perspektive des seit seiner Geburt stark behinderten bosnischen Jungen Viktor, mal in der dritten Person erzählt Martin Kordić in seinem ersten Roman »Wie ich mir das Glück vorstelle« in schnell wechselnden Fragmenten die Schmerzensgeschichte eines Kindes, das nie etwas anderes kennengelernt hat als die unendliche Grausamkeit des Krieges. Viktors vermeintlich naive, bisweilen märchenhafte Sprache steht in krassem Gegensatz zu den oft extrem inhumanen Geschehnissen, von denen er berichtet. Diese behutsame poetische Sprache macht die literarische Besonderheit des Romans aus.
Moderation: Lerke von Saalfeld (Literaturkritikerin, Stuttgart)
Eintritt: Euro 8.- / 6.-